1. Verträge in der Insolvenz, die zumindest von einem Vertragspartner vollständig erfüllt sind
Hat der Insolvenzgläubiger seine Leistung aus dem Vertrag bereits erbracht, hat dieser nur noch die Möglichkeit seine Forderung zur Insolvenztabelle anzumelden.
Hat der Insolvenzschuldner seine Leistung aus einem Vertrag zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits erbracht, ist ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Insolvenzverwalter und im Verbraucherinsolvenzverfahren der Treuhänder befugt, vom Vertragspartner Erfüllung zu fordern.
2. Verträge die sowohl vom Schuldner als auch vom Vertragspartner noch nicht vollständig erfüllt worden sind
a. Die Grundregel: Erfüllung oder Erfüllungsablehnung
Haben sowohl Insolvenzschuldner als auch der Vertragspartner des Insolvenzschuldners zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die ihnen jeweils obliegende Leistung nicht vollständig erbracht, hat der Insolvenzverwalter oder im Verbraucherinsolvenzverfahren der Treuhänder ein Wahlrecht. Die Wahl besteht zwischen Erfüllung oder Ablehnung der Erfüllung. Im ersteren Fall ist der Vertragspartner zur Erfüllung verpflichtet. Im zweiten Fall wird er auf einen Schadensersatzanspruch verwiesen, der aber eine bloße Insolvenzforderung darstellt und daher nur zur Tabelle angemeldet werden kann.
b. Durch eine Vormerkung gesicherte Forderungen
Ist die Forderung auf ein Recht an einem Grundstück durch eine im Grundbuch eingetragene Vormerkung gesichert, ist der Insolvenzgläubiger diesbezüglich aus der Insolvenzmasse zu befriedigen. Wer etwa einen Grundstückskaufvertrag abgeschlossen hat und eine Anzahlung geleistet hat, ist befugt Auflassung des gekauften Grundstücks aus dem Vermögen des Insolvenzschuldners zu fordern. Ohne diese Regelung hätte er nur einen Schadensersatzanspruch, der zur Tabelle angemeldet werden könnte.
c. Eigentumsvorbehalt
Ähnlich ist die Rechtslage, wenn der Käufer etwas vom Schuldner unter Eigentumsvorbehalt gekauft hat und der Käufer den Besitz an dem Kaufgegenstand hat. Dann ist der Käufer befugt, die Erfüllung des Kaufvertrags zu fordern.
d. Miet- und Pachtverhältnisse
Mietverträge und auch Pachtverträge bestehen fort. Hinsichtlich der nach Insolvenzeröffnung auflaufenden Miet- oder Pachtrückstände handelt es sich um Masseverbindlichkeiten.
Ist der Schuldner Mieter oder Pächter, ist der Insolvenzverwalter (Treuhänder) befugt den Miet- oder Pachtvertrag mit einer Frist von drei Monaten oder einer kürzeren Frist zu kündigen. Handelt es sich um ein Wohnraummietverhältnis ist der Insolvenzverwalter oder Treuhänder befugt, gegenüber dem Vermieter zu erklären, dass die nach drei Monaten ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufflaufenden Mieten keine Masseverbindlichkeiten darstellen.
Ist der Schuldner Vermieter oder Verpächter und hat dieser vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Miete oder Pacht für die Zeit nach der Insolvenzeröffnung verfügt, wird diese Verfügung mit Ablauf des zur Zeit der Eröffnung laufenden Monats unwirksam. Erfolgt die Eröffnung nach dem Fünfzehnten eines Monats, wird die Verfügung erst mit Ablauf des Monats, der dem Monat der Eröffnung folgt, unwirksam.
Beispiel: Schuldner als Vermieter hat am 02.02.2012 seine Mietforderungen kurz vor der Insolvenzeröffnung am 16.03.2012 an die Bank abgetreten. Dann ist die Verfügung für März und April 2012 wirksam. Erst ab dem 01.05.2012 0:00 Uhr wird diese unwirksam und damit automatisch vom Insolvenzbeschlag erfasst. Der Mieter des Schuldners darf also nur noch an die Masse, also an den Insolvenzverwalter (Treuhänder) leisten. Zahlungen an den Schuldner haben ab dem 01.05.2012 keine schuldbefreiende Wirkung. Zahlt der Mieter irrtümlich an den Schuldner, trägt er das Risiko, dass dieser das Geld nicht an die Masse weiterleitet. Hat der Schuldner das Geld ausgegeben und kann es bei ihm nicht mehr zurückgefordert werden, muss der Mieter nochmals -also doppelt- an die Masse zahlen.