VW-Abgas-Skandal (Dieselgate) Defeat-Device Sachmängelhaftung - Rechtsanwaltskanzlei Mass in Landshut hilft im Arbeitsrecht, Insolvenzrecht, Mietrecht, Vertragsrecht, Urheberrecht, Schadensersatzrecht -Weitere Infos !!!

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VW-Abgas-Skandal (Dieselgate) Defeat-Device Sachmängelhaftung

1. Hintergrund

Wie bereits hinlänglich bekannt, hat die Environmental Protection Agency (EPA) im September 2015 -man muss schon sagen eher zufällig - festgestellt, dass in Modellen von VW eine sogenannte Defeatdevice installiert wurde, die dazu diente auf dem Prüfstand die jeweiligen US oder  EU-Standards für eine Marktzulassung zu erfüllen. Was sich zunächst ganz gut anhört, haat nur einen kleinen Schönheitsfehler. Die auf dem Prüfstand gemessenen Werte weichen erheblich von den -wohlgemerkt mit dem selben Modell- im Straßenverkehr gemessenen Werten erheblich ab.
Denn die Defeat-Device erkennt, ob sie auf dem Prüfstand ist oder im normalen Straßenverkehr und schaltet dann in den jeweiligen von  der Software bestimmten Modus.

Landläufig wird dies immer als Betrug bezeichnet. So einfach ist es aber nicht. Denn Defeat-Devices zum Schutz des Motors sind in der EU jedenfalls nach der Art. 5 Absatz 2 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge erlaubt.

Wenn es sich um eine zulässige Abschalteinrichtung handelt, dann liegt zwangsläufig auch kein Sachmangel vor, so dass der Kunde überhaupt keine Sachmängelrechte dann hat.

Trifft dies nicht zu, dann kommen Sachmängelansprüche in Betracht.


2. Die rechtliche Ausgangslage

Leider sind VW die europäischen Kunden offenbar nicht soviel wert wie die us-amerikanischen Kunden, so dass europäische Kunden nicht 5.000,00 $ pro entäuschtem VW-Kunden erhalten wie das die US-Amerikaner nach dem zwischen VW und der EPA ausgehandelten Settlement erwarten können.

Die Anspürche entäuschter deutscher Kunden sind demgegenüber sehr dürftig, da nur das ganz normale deutsche Kaufrecht insoweit zur Anwendung kommt.

3. Ansprüche deutscher Kunden

a. Nacherfüllung (Primärrecht)
Die deutschen Kunden haben zunächst nur ein Recht auf Nacherfüllung gegenüber ihrem Verkäufer nicht gegenüber VW.

Allerdings werden sich nach entsprechenden Mängelrügen alle Verkäufer diesbezüglich natürlich an VW wenden, wenn Kunden die Defeat-Device rügen, da nur von dort Hilfe zu erwarten ist.

Leider wird das lange dauern, bis die Defekte behoben werden, da nicht nur ganze Serien betroffen sind, sondern auch mehrere Modelle. Da auch bei Fahrzeugen mit Defeat-Device weder die Betriebserlaubnis erlischt noch ein die Fahrzeugsicherheit beeinträchtigender Leistungsverlust vorhanden ist, ist es dem jeweiligen VW-Kunden natürlich auch zumutbar, abzuwarten, bis ihm die Nacherfüllung angeboten werden kann.  

Achtung: Wer seinem Verkäufer eine Frist setzt, die dieser nicht einhalten kann, und dann Rücktritt, Schadensersatz oder Minderung geltend macht, riskiert, dass er alle seine Ansprüche verliert. Also nicht einfach irgendwelchen Anzeigen im Internet trauen, wonach das Problem schnell gelöst werden könnte. Leider ist in der letzten Zeit zu beobachten, dass selbst von Rechtsanwälten vertretene Käufer diesen Fehler machen und prozessual in ihr Verderben laufen.

b. Rücktritt, Minderung, Schadensersatz (Sekundärrechte)
Wie immer im Kaufrecht kann nach einem ordnungsgemäßem Nacherfüllungsverlangen unter Fristsetzung nach dem ergebnislosem Ablauf der Frist, der Käufer Rücktritt, Minderung oder Schadensersatz verlangen. Allerdings gilt dies nur im Prinzip.

Denn ein Rücktritt oder gar ein großer Schadensersatzanspruch kommt nicht in Betracht, weil die Mängel ganz leicht durch ein Softwareupdate behoben werden können. Folglich sind die Mängel nicht erheblich genug, um einen großen Schadensersatzanspruch oder einen Rücktritt zu rechtfertigen.

Auch ein kleinerSchadensersatzanspruch scheitert wie der große Schadensersatz daran, dass den Verkäufer, sofern es nicht VW selbst ist, kein Verschulden trifft.

Wenn überhaupt kommt prinzipiell nur eine Minderung in Betracht. Da aber die Händler durch ein Softwareupdate und unter Zubilligung einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung den Mangel beheben können, ist in der Praxis die Minderung nicht relevant. Nur, wenn nach zwei Nachbesserungsversuchen immer noch nicht die Defeatdevice entfernt ist, mag die Geltendmachung einer Minderung gegenüber dem Verkäufer sinnvoll sein.

4. Folgeprobleme

Jeder Kunde, der die Defeat-Device rügt, muss aber auch damit rechnen, dass nach dem Softwareupdate, das Fahrzeug Leistungseinbußen wie weniger Kraft haben könnte. Wenn ein Fahrzeug umweltschonender ist, geht dies zwangsläufig auch auf Kosten des Fahrspaß. Daher sollte vorsorglich bereits im Nacherfüllungsverlangen dem Verkäufer gegenüber klar gemacht werden, dass man eine Nachbesserung  nur unter Prämisse, dass keine Leistungseinbußen verbleiben, fordert. Kann der Verkäufer dies nicht ausschließen, ist eine Nachlieferung (bei Neufahrzeugen) oder ein sogenannter Kopf-an Kopt-Tausch (bei gewerblichen Gebrauchtwagenhändlern) wohl sinnvoller. Wer also nach Behebung des Mangels derartige Leistungseinbußen ebenfalls rügt, verhält sich rechtsmissbräuchlich.  Daher sollte das vorher gut überlegt werden. Allerdings sollte im Hinblick auf eine Veräußerung des Fahrzeugs trotzdem auf Entfernung der Defeat-Device bestanden werden, auch wenn dadurch der Fahrspaß beieinträchtigt wird. Wenn aber infolge der Mängelbehebung Leistungseinbußen verbleiben, die nicht der vom Hersteller gegebenen Eigenschaften entsprechen,

Tipp für Händler: Händler sollten sich von Kunden unterschreiben lassen, dass sie wissen, dass nach Enternung der Defeat-Device mit Leistungseinbußen rechnen müssen. Ansonsten ist die nächste Mängelrüge gewissermaßen vorprogrammiert.

5. Strafrechtliche Aspekte

Neben den zivilrechtlichen Anspürchen ist auch nicht außer Acht zu lassen, dass sich die Vorstände von VW auch des gewerbsmäßigen Betrugs in mittelbarer Täterschaft mit dem jeweiligen Händler oder Verkäufer als dolosem Werkzeug strafbar gemacht haben könnten. Dies muss aber im Einzelnen von der Strafjustiz geklärt werden. Damit könnte ebenfalls Schadensersatz verlangt werden und zwar direkt von VW. Dies kommt aber nur in Betracht, wenn der Verkäufer insolvent wird. Denn derartige Ansprüche sind sehr schwer durchsetzbar, weil die internen Wissenflüsse bei VW schwer aufklärbar sind. Außerdem gebietet die Schadensminderungspflicht des geschädigten Kunden, zunächst zu versuchen den Defekt durch ein Softwareupdate über den Verkäufer beheben zu lassen.

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